Es gibt eine Richtung der Familientherapie in der Strukturen, Regeln und Hierarchien eine besondere Rolle spielen, es handelt sich um die sogenannte Strukturelle Familientherapie.
Diese Schule und sein Hauptvertreter Salvador Minuchin legen besonderen Wert darauf dass die Hierarchien in einer Familie, z.B. die Generationsgrenze zwischen Eltern und Kindern, klar und deutlich bleiben, da mit dem Verschwimmen dieser Grenze verschiedene ungesunde Entwicklungen in Verbindung gebracht werden, bis hin zu psychischen Störungen die in der Folge bei einem Familienmitglied, dem „Indexpatienten“ auftreten könne.
Diese Wichtigkeit von Regeln und Hierarchien hat mich lange Zeit beschäftigt, und während mir diese Wichtigkeit total einleuchtet, habe ich mich oft gefragt wieviel Regeln und Strukturen eine Familie wirklich braucht, und welche Formen diese Regeln annehmen können. Denn eines ist klar: Familientherapie ist keine konservative Operation, um die patriarchale Familie der 50er Jahre wiederherzustellen.
Also habe ich mich nach verschiedenen Arten und Weisen umgeschaut, wie man mit Regeln konstruktiv umgehen könnte, und bin auf die besten Freunde des Menschen, unsere Haustiere gestoßen: Hunde und Katzen.
Wie gehen Hunde mit Regeln um? In Familien mit Hunden als Haustiere gibt es klare Regeln die den Hund betreffen, was ist erlaubt, was nicht? Daran halten sich alle Familienmitglieder, falls nicht ist es am Verhalten des Hundes schnell abzulesen. Hunden geht es am besten wenn sie ihren Platz in der Familienhierarchie kennen und wichtige Regelfragen eindeutig geklärt sind. Die Familie wird vom Hund als Rudel betrachtet, mit einem Herrchen oder Frauchen und einer Rangfolge, in die der Hund sich einordnet. Kinder und Jugendliche werden als mehr oder weniger Gleichrangige angesehen, Ex-Partner, Postboten und Gäste werden misstrauisch beknurrt. Im besten Fall entsteht eine Ordnung und Regelstruktur in der für alle Mitglieder Platz ist, in der Sicherheit und Vorhersehbarkeit herrschen und für alle gesorgt ist.
Wie gehen Katzen mit Regeln um? In Familien mit Katzen gibt es auch Regeln, die aber etwas subtiler sind. Grundlegende Vereinbarungen, wie Stubenreinheit, werden zwar eingehalten. Dies geschieht aber eher aus Freundschaft und aus freien Stücken. Die Frage der Hierarchie ist für Katzen auch eindeutig geklärt: sie ordnen sich selbstverständlich ganz oben ein, beehren uns mit ihrer Anwesenheit und erlauben es auserwählten Menschen, die niedere Tätigkeit des Fütterns und Streichelns auszuüben. Dafür wird die Wohnung mit der grazilen Anwesenheit einer Katze gesegnet. Immer mal wieder gibt es Streit um Regeln oder Missverständnisse mit Gastgeschenken (nicht jeder Mensch kann mit einem halbtoten Beutetier im Schlafzimmer etwas anfangen). Aber insgesamt wird dies in Kauf genommen, um die Vorteile des gegenseitigen Arrangements weiter aufrechtzuerhalten. Katzen beschenken uns mit einer eigenen Meinung und einer eigenen Perspektive auf Dinge, die oft überraschend ist.
Was hat das alles noch mit Familien und Familientherapie zu tun?
Ich bin nicht ganz sicher, bin aber froh meine Gedanken aufgeschrieben zu haben.
Vielleicht geht es darum die Perspektiven von Hunden und Katzen auf Familien und ihre Strukturen wahrzunehmen und sich davon inspirieren zu lassen. Manche Menschen sehnen sich nach der geordneten Sicherheit einer Hundefamilie, manche bevorzugen das freiheitliche Regime und die sanfte Anarchie einer Katzenfamilie. Die Familie der Zukunft (die möglicherweise eine zusammengesetzte „Patchwork“ Familie ist) steht vor der Herausforderung, Hunde- und Katzen-Affinitäten in ein und derselben Familie zu vereinen. Wenn dieser Blog ein paar Gedanken in diese Richtung anstoßen konnte, wäre ich zufrieden.